Wir Säufer
Alkohol ist zunehmend out
Author: datamining by freeminder
Date: Apr 16, 2007
Views: 2738
Betrinken sich Jugendliche immer hemmungsloser? Im Gegenteil: Alkohol
ist zunehmend out. Die einzige Ausnahme bilden die Risikotrinker - und
deren Zahl steigt in jeder Altersgruppe.
Von Björn Schwentker
Sie saufen, bis der Arzt kommt, und selbst der kann manchmal nicht mehr
helfen. Nachdem in der vergangenen Woche ein 16-jähriger Schüler aus
Berlin an einer Alkoholvergiftung starb, fordern viele Politiker:
Alkoholausschank an Minderjährige verbieten! Andere hingegen pochen auf
die Einhaltung bestehender Regelungen. Eins aber ist in der Debatte
offenbar Konsens: Dass es einen klaren Trend gibt. Da wächst eine
Generation junger Säufer heran, die sich ohne Sinn und Verstand die
Rübe zuknallt. Sich auf Flatrate-Partys fast geschenkt so viele Drinks
reinzieht, bis der Körper nicht mehr kann. Manchmal bis zum Exitus.
Aber stimmt das denn? Der Berliner Fall ist tragisch, von einer
heranwachsenden Trinkergeneration kann indes nicht die Rede sein. Im
Gegenteil – seit 30 Jahren sind die Jugendlichen nicht so vernünftig
mit Alkohol umgegangen wie heute. Das beweist die Statistik: Unter den
12- bis 25-Jährigen hat sich der Konsum von Bier, Wein und Spirituosen
seit 1979 halbiert (siehe Grafik: Jugend ohne Alkohol), wie die
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) herausfand.
Regelmäßig befragt die BZgA eine repräsentative Auswahl von
Jugendlichen zu ihren Trinkgewohnheiten. Die Antworten zeigen: Jedes
Jahr trinken sie weniger Wein und Bier, bei harten Getränken stagniert
der Verbrauch. Einen kurzfristigen Anstieg gab es nur für den Konsum
von Mixgetränken. Zu verdanken ist der vor allem den Alkopops, einer
Mischung aus Limonade und Hochprozentigem. Aber auch das Interesse an
solchen Modedrinks hat massiv abgenommen, seit sie im Juli 2004 hoch
besteuert und der Verkauf an unter 18-Jährige verboten wurde. In der
Summe muten sich die Minderjährigen deshalb immer weniger Alkohol zu.
Kamen die 12- bis 17-Jährigen 2004 noch auf durchschnittlich 43,9 Gramm
pro Kopf und Körper, waren es ein Jahr später nur noch 35,7 Gramm.
Nun können solche Mittelwerte natürlich täuschen. Zum Beispiel, wenn
die einen gesittet bei Cola und Wasser zusammensitzen, und die anderen
sich den Fusel derweil flaschenweise hinter die Binde kippen. Aber auch
den mutmaßlichen Trend zum Exzess gibt es nicht. Im Jahr 2004 sagten
genau so viele 12- bis 25-Jährige, sie hätten im letzten Jahr einen
Rausch gehabt, wie fünf Jahre zuvor: 40 Prozent. Auch sind sie beim
ersten Mal noch genauso alt wie damals: Mit Fünfzehneinhalb macht der
deutsche Durchschnittsjugendliche seine erste Bekanntschaft mit dem
Delirium.
Selbst die Zahl jugendlicher Vieltrinker ist gleich geblieben: Seit
1979 stieg zwar der Anteil derer leicht an, die sich innerhalb eines
Jahres sechsmal oder häufiger bis in den Vollrausch saufen. Aber
statistisch signifikant ist diese Zunahme nicht (siehe Grafik: Mehr
Vieltrinker?). Eine neue Qualität riskanter Trinkgewohnheiten lässt
sich ebenfalls nicht beobachten. Die Jugendlichen werden eher braver.
Um das festzustellen, fragt die BZgA nach dem sogenannten \"Binge
drinking\": So nennen es die Experten, wenn man fünf oder mehr Gläser
Alkohol in rascher Folge hinunterstürzt. Auf derlei pubertäres
Wetttrinken scheinen die 12- bis 17-Jährigen immer weniger Lust zu
haben: 2004 sagten noch 23 Prozent, im letzten Monat beim Binge
drinking dabei gewesen zu sein, 2005 waren es nur noch 19 Prozent.
Eine noch unveröffentlichte Studie der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) weist auf ähnliche Ergebnisse hin - das berichteten Forscher des
Robert-Koch-Instituts vorab: So leben etwa in Berlin immer mehr Schüler
rauschfrei – weil sie einfach noch nie zu viel getrunken haben. 2006
waren das 72,5 Prozent der Befragten, vier Jahre vorher noch sechs
Prozent weniger.
Warum also diese Panik? Was Alkohol betrifft sind Kinder heute ja
offenbar viel vernünftiger als die nun so besorgte Elterngeneration.
Völlig grundlos ist die Aufregung um jugendliche Komasäufer trotzdem
nicht. Eine kleine Gruppe Minderjähriger lebt nämlich doch gegen den
Trend –– und dieser wilde Haufen zieht derzeit die gesamte
Aufmerksamkeit auf sich. Während die Masse der Jugendlichen immer
gesünder lebt, bechert eine Minderheit, bis alle Lichter ausgehen.
\"Der Anteil der Risikotrinker hat zugenommen\", sagt Stephan Daubitz von
der Berliner Fachstelle für Suchtprävention. Für 274 Jugendliche
zwischen 10 und 20, so die Berliner Zahlen für 2005, endete die
Sauftour im Krankenhaus, wo sie wegen akuter Alkoholvergiftung
vollstationär behandelt werden mussten. Das passiert immer häufiger.
Zur Jahrtausendwende hatten die Kliniken der Hauptstadt erst 256
Intoxikationen gemeldet.
\"Man sieht die gleiche Tendenz in allen Bundesländern\", sagt
Suchtexperte Stephan Daubitz. Zahlen für ganz Deutschland gibt es beim
Statistischen Bundesamt für die 10- bis 25-Jährigen: 2005 waren es
knapp 27.000, die stationär im Krankenhaus entgiftet wurden, weit über
die Hälfte davon männlich. Insgesamt sind das 0,2 Prozent der gesamten
Altersgruppe (siehe Grafik: Von der Kneipe in die Klinik). Vor fünf
Jahren waren es erst halb so viele.
Allerdings: Ein rein jugendliches Phänomen ist das nicht – es betrifft
die gesamte Gesellschaft. Auch unter den Älteren ab 26 Jahren gibt es
immer mehr, die völlig ohne Maß und Verstand trinken. 63.000 Menschen
wurden im vorvergangenen Jahr mit einer Alkoholvergiftung in die Klinik
eingeliefert. Im Jahr 2000 waren es erst 41.000 (siehe Grafik: Saufen
wie die Alten). In der öffentlichen Diskussion kommen diese Erwachsenen
leider nicht vor. Nur die Kinder, die ihrem Beispiel allzu eifrig
folgen.
\"Über diese Jugendlichen wissen wir fast nichts, das ist ein großes
Problem\", sagt Christa Merfet-Dite, Sprecherin der Deutschen
Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), die Daten zu allen Arten von
Drogenkonsum sammelt. Die jungen Risikotrinker wären bisher schlichtweg
nicht genau untersucht worden. Gezielte Suchtprävention sei darum kaum
möglich. Denn dazu müsste man zunächst einmal wissen: Wer sind diese
Jugendlichen überhaupt? Welchen sozialen Hintergrund haben sie und was
treibt sie dazu, bis zur Ohnmacht zu trinken?
Immerhin, es gibt Anhaltspunkte. Die üblichen Klischees scheinen
jedenfalls nicht zuzutreffen. Beispiel Bildung: Beim gefährlichen Binge
drinking stehen junge Gymnasiasten den gleichaltrigen Hauptschüler in
nichts nach, wie das BZgA herausfand (siehe Grafik: Auf ex – Bildung
egal). Und die älteren Gymnasiasten trinken genauso oft auf Ex wie
Berufsschüler im gleichen Alter. Laut Jugendgesundheitsstudie der WHO
scheinen auch Integrationsprobleme keine Rolle zu spielen: Junge
Berliner mit Migrationshintergrund gaben fast doppelt so häufig an,
noch nie einen Alkoholrausch erlebt zu haben wie Einheimische. Genaues
lässt sich daraus allerdings noch nicht für die Risikotrinker ableiten.
Konkreter ist da die Krankenhausstatistik in Berlin: Die meisten der
Jugendlichen, die nach dem Besäufnis in der Klinik wieder zu sich
kommen, stammen aus Elternhäusern in Steglitz-Zehlendorf und Pankow -
den besseren Wohngegenden der Stadt (siehe Grafik: Exzess der
Wohlbehüteten?). \"Die sind alle gut situiert\", sagt Stephan Daubitz von
der Berliner Fachstelle für Suchtprävention. Aus den ärmeren
Stadtvierteln fänden sich tendenziell weniger Alkoholopfer in den
Krankenhäusern wieder. \"Die Jugendlichen von dort nehmen vielleicht
andere Drogen\", versucht Daubitz das zu erklären. Eine andere
Möglichkeit: Die Saufkumpanen der wohlsituierten Kampftrinker rufen
einfach schneller den Krankenwagen.
Schuld an dem Datenmangel ist laut Merfet-Dite unter anderem die
deutsche Einstellung zum Alkohol. Untersuchungen zu anderen Drogen gebe
es ja zuhauf. \"Aber Alkohol ist nie als Rauschgift anerkannt worden\",
sagt die DHS-Sprecherin. Ein paar Joints in geselliger Runde gehen
schon als Drogenparty durch, die feuchtfröhliche Weinverkostung nicht.
Trotz möglicher Folgen. Und wo keine Gefahr gesehen werde, da werde
eben auch nicht geforscht. \"Wir brauchen eine Imageumkehr beim
Alkohol\", fordert Merfet-Dite. Man müsse endlich akzeptieren, dass
Alkohol eben nicht nur Genussmittel sei, sondern auch tödliches Gift.
\"Wir waren uns des Themas bisher nicht bewusst\", gesteht auch ein
Referent im Gesundheitsministerium die bisherigen Versäumnisse ein.
Jetzt wolle man darüber nachdenken, wie Studien über die rätselhafte
Gruppe der jungen Risikotrinker anzuschieben seien. Denn auch wenn die
Zahlen bisher nicht darauf hindeuten - es bestehe die Gefahr, \"dass
sich das zu einer Kultur entwickelt\".
URL: http://zeus.zeit.de/text/online/2007/14/alkoholmissbrauch
ist zunehmend out. Die einzige Ausnahme bilden die Risikotrinker - und
deren Zahl steigt in jeder Altersgruppe.
Von Björn Schwentker
Sie saufen, bis der Arzt kommt, und selbst der kann manchmal nicht mehr
helfen. Nachdem in der vergangenen Woche ein 16-jähriger Schüler aus
Berlin an einer Alkoholvergiftung starb, fordern viele Politiker:
Alkoholausschank an Minderjährige verbieten! Andere hingegen pochen auf
die Einhaltung bestehender Regelungen. Eins aber ist in der Debatte
offenbar Konsens: Dass es einen klaren Trend gibt. Da wächst eine
Generation junger Säufer heran, die sich ohne Sinn und Verstand die
Rübe zuknallt. Sich auf Flatrate-Partys fast geschenkt so viele Drinks
reinzieht, bis der Körper nicht mehr kann. Manchmal bis zum Exitus.
Aber stimmt das denn? Der Berliner Fall ist tragisch, von einer
heranwachsenden Trinkergeneration kann indes nicht die Rede sein. Im
Gegenteil – seit 30 Jahren sind die Jugendlichen nicht so vernünftig
mit Alkohol umgegangen wie heute. Das beweist die Statistik: Unter den
12- bis 25-Jährigen hat sich der Konsum von Bier, Wein und Spirituosen
seit 1979 halbiert (siehe Grafik: Jugend ohne Alkohol), wie die
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) herausfand.
Regelmäßig befragt die BZgA eine repräsentative Auswahl von
Jugendlichen zu ihren Trinkgewohnheiten. Die Antworten zeigen: Jedes
Jahr trinken sie weniger Wein und Bier, bei harten Getränken stagniert
der Verbrauch. Einen kurzfristigen Anstieg gab es nur für den Konsum
von Mixgetränken. Zu verdanken ist der vor allem den Alkopops, einer
Mischung aus Limonade und Hochprozentigem. Aber auch das Interesse an
solchen Modedrinks hat massiv abgenommen, seit sie im Juli 2004 hoch
besteuert und der Verkauf an unter 18-Jährige verboten wurde. In der
Summe muten sich die Minderjährigen deshalb immer weniger Alkohol zu.
Kamen die 12- bis 17-Jährigen 2004 noch auf durchschnittlich 43,9 Gramm
pro Kopf und Körper, waren es ein Jahr später nur noch 35,7 Gramm.
Nun können solche Mittelwerte natürlich täuschen. Zum Beispiel, wenn
die einen gesittet bei Cola und Wasser zusammensitzen, und die anderen
sich den Fusel derweil flaschenweise hinter die Binde kippen. Aber auch
den mutmaßlichen Trend zum Exzess gibt es nicht. Im Jahr 2004 sagten
genau so viele 12- bis 25-Jährige, sie hätten im letzten Jahr einen
Rausch gehabt, wie fünf Jahre zuvor: 40 Prozent. Auch sind sie beim
ersten Mal noch genauso alt wie damals: Mit Fünfzehneinhalb macht der
deutsche Durchschnittsjugendliche seine erste Bekanntschaft mit dem
Delirium.
Selbst die Zahl jugendlicher Vieltrinker ist gleich geblieben: Seit
1979 stieg zwar der Anteil derer leicht an, die sich innerhalb eines
Jahres sechsmal oder häufiger bis in den Vollrausch saufen. Aber
statistisch signifikant ist diese Zunahme nicht (siehe Grafik: Mehr
Vieltrinker?). Eine neue Qualität riskanter Trinkgewohnheiten lässt
sich ebenfalls nicht beobachten. Die Jugendlichen werden eher braver.
Um das festzustellen, fragt die BZgA nach dem sogenannten \"Binge
drinking\": So nennen es die Experten, wenn man fünf oder mehr Gläser
Alkohol in rascher Folge hinunterstürzt. Auf derlei pubertäres
Wetttrinken scheinen die 12- bis 17-Jährigen immer weniger Lust zu
haben: 2004 sagten noch 23 Prozent, im letzten Monat beim Binge
drinking dabei gewesen zu sein, 2005 waren es nur noch 19 Prozent.
Eine noch unveröffentlichte Studie der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) weist auf ähnliche Ergebnisse hin - das berichteten Forscher des
Robert-Koch-Instituts vorab: So leben etwa in Berlin immer mehr Schüler
rauschfrei – weil sie einfach noch nie zu viel getrunken haben. 2006
waren das 72,5 Prozent der Befragten, vier Jahre vorher noch sechs
Prozent weniger.
Warum also diese Panik? Was Alkohol betrifft sind Kinder heute ja
offenbar viel vernünftiger als die nun so besorgte Elterngeneration.
Völlig grundlos ist die Aufregung um jugendliche Komasäufer trotzdem
nicht. Eine kleine Gruppe Minderjähriger lebt nämlich doch gegen den
Trend –– und dieser wilde Haufen zieht derzeit die gesamte
Aufmerksamkeit auf sich. Während die Masse der Jugendlichen immer
gesünder lebt, bechert eine Minderheit, bis alle Lichter ausgehen.
\"Der Anteil der Risikotrinker hat zugenommen\", sagt Stephan Daubitz von
der Berliner Fachstelle für Suchtprävention. Für 274 Jugendliche
zwischen 10 und 20, so die Berliner Zahlen für 2005, endete die
Sauftour im Krankenhaus, wo sie wegen akuter Alkoholvergiftung
vollstationär behandelt werden mussten. Das passiert immer häufiger.
Zur Jahrtausendwende hatten die Kliniken der Hauptstadt erst 256
Intoxikationen gemeldet.
\"Man sieht die gleiche Tendenz in allen Bundesländern\", sagt
Suchtexperte Stephan Daubitz. Zahlen für ganz Deutschland gibt es beim
Statistischen Bundesamt für die 10- bis 25-Jährigen: 2005 waren es
knapp 27.000, die stationär im Krankenhaus entgiftet wurden, weit über
die Hälfte davon männlich. Insgesamt sind das 0,2 Prozent der gesamten
Altersgruppe (siehe Grafik: Von der Kneipe in die Klinik). Vor fünf
Jahren waren es erst halb so viele.
Allerdings: Ein rein jugendliches Phänomen ist das nicht – es betrifft
die gesamte Gesellschaft. Auch unter den Älteren ab 26 Jahren gibt es
immer mehr, die völlig ohne Maß und Verstand trinken. 63.000 Menschen
wurden im vorvergangenen Jahr mit einer Alkoholvergiftung in die Klinik
eingeliefert. Im Jahr 2000 waren es erst 41.000 (siehe Grafik: Saufen
wie die Alten). In der öffentlichen Diskussion kommen diese Erwachsenen
leider nicht vor. Nur die Kinder, die ihrem Beispiel allzu eifrig
folgen.
\"Über diese Jugendlichen wissen wir fast nichts, das ist ein großes
Problem\", sagt Christa Merfet-Dite, Sprecherin der Deutschen
Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), die Daten zu allen Arten von
Drogenkonsum sammelt. Die jungen Risikotrinker wären bisher schlichtweg
nicht genau untersucht worden. Gezielte Suchtprävention sei darum kaum
möglich. Denn dazu müsste man zunächst einmal wissen: Wer sind diese
Jugendlichen überhaupt? Welchen sozialen Hintergrund haben sie und was
treibt sie dazu, bis zur Ohnmacht zu trinken?
Immerhin, es gibt Anhaltspunkte. Die üblichen Klischees scheinen
jedenfalls nicht zuzutreffen. Beispiel Bildung: Beim gefährlichen Binge
drinking stehen junge Gymnasiasten den gleichaltrigen Hauptschüler in
nichts nach, wie das BZgA herausfand (siehe Grafik: Auf ex – Bildung
egal). Und die älteren Gymnasiasten trinken genauso oft auf Ex wie
Berufsschüler im gleichen Alter. Laut Jugendgesundheitsstudie der WHO
scheinen auch Integrationsprobleme keine Rolle zu spielen: Junge
Berliner mit Migrationshintergrund gaben fast doppelt so häufig an,
noch nie einen Alkoholrausch erlebt zu haben wie Einheimische. Genaues
lässt sich daraus allerdings noch nicht für die Risikotrinker ableiten.
Konkreter ist da die Krankenhausstatistik in Berlin: Die meisten der
Jugendlichen, die nach dem Besäufnis in der Klinik wieder zu sich
kommen, stammen aus Elternhäusern in Steglitz-Zehlendorf und Pankow -
den besseren Wohngegenden der Stadt (siehe Grafik: Exzess der
Wohlbehüteten?). \"Die sind alle gut situiert\", sagt Stephan Daubitz von
der Berliner Fachstelle für Suchtprävention. Aus den ärmeren
Stadtvierteln fänden sich tendenziell weniger Alkoholopfer in den
Krankenhäusern wieder. \"Die Jugendlichen von dort nehmen vielleicht
andere Drogen\", versucht Daubitz das zu erklären. Eine andere
Möglichkeit: Die Saufkumpanen der wohlsituierten Kampftrinker rufen
einfach schneller den Krankenwagen.
Schuld an dem Datenmangel ist laut Merfet-Dite unter anderem die
deutsche Einstellung zum Alkohol. Untersuchungen zu anderen Drogen gebe
es ja zuhauf. \"Aber Alkohol ist nie als Rauschgift anerkannt worden\",
sagt die DHS-Sprecherin. Ein paar Joints in geselliger Runde gehen
schon als Drogenparty durch, die feuchtfröhliche Weinverkostung nicht.
Trotz möglicher Folgen. Und wo keine Gefahr gesehen werde, da werde
eben auch nicht geforscht. \"Wir brauchen eine Imageumkehr beim
Alkohol\", fordert Merfet-Dite. Man müsse endlich akzeptieren, dass
Alkohol eben nicht nur Genussmittel sei, sondern auch tödliches Gift.
\"Wir waren uns des Themas bisher nicht bewusst\", gesteht auch ein
Referent im Gesundheitsministerium die bisherigen Versäumnisse ein.
Jetzt wolle man darüber nachdenken, wie Studien über die rätselhafte
Gruppe der jungen Risikotrinker anzuschieben seien. Denn auch wenn die
Zahlen bisher nicht darauf hindeuten - es bestehe die Gefahr, \"dass
sich das zu einer Kultur entwickelt\".
URL: http://zeus.zeit.de/text/online/2007/14/alkoholmissbrauch
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