Guenter Amendts ªletztes Wort´ ueber Drogen

Zu Risiken und Nebenwirkungen...

Author: Lilian-Astrid Geese
Date: Oct 28, 2003
Views: 3222

Ritalin f¸r den kleinen Zappelphilipp, Prozac (in Deutschland: Fluctin)
fuer
den gestressten Manager, Valium f¸r die Hausfrau unter Druck, Viagra
gegen
die Erektionsstoerungen des alternden Mannes, Epo, damit die Radprofis
bei
der Tour de France Uebermenschliches leisten koennen, Marinol
(Dronabinol),
die synthetische Form von Cannabis, als Heilmittel, Methadon f¸r den
substitutions- und therapiewilligen Junkie: Wir muessen uns von der
Illusion
einer drogenfreien Gesellschaft verabschieden, fordert Guenter Amendt in
seinem juengsten Buch. In ªNo Drugs, No Future´ diskutiert er, elf Jahre
nach
ªDie Droge, der Staat, der Tod. Auf dem Weg in die Drogengesellschaft´,
erneut die Frage der gesellschaftlichen Mechanismen und der Doppelmoral
in
der Drogenpolitik im Umgang mit erlaubten und verbotenen Betaeubungs-,
Aufputsch- und Rauschmitteln.

Amendt haelt all denen den Spiegel vor, die bei der Vorstellung
legalisierter
Heroinabgabe an Abhaengige Schreikr‰mpfe bekommen, und Haschisch nach
wie vor
f¸r eine Einstiegsdroge halten, sich aber nicht wirklich an den
anpassungsf‰higen Ecstasy-konsumierenden Ravern stoeren. Sag mir, welche
Droge du nimmst, und ich sage dir, welcher Klasse du angehoerst * und ob
dein
Drogengebrauch akzeptabel oder kriminell ist. Auch die
fortschrittlichen
Vertreter akzeptierender Drogenarbeit kommen nicht kritiklos davon. Sie
muessen sich damit auseinandersetzen, dass sich heute auch die ªlaw and
order´-Politiker f¸r Fixerstuben und Spritzenautomaten stark machen,
die
schlicht ªsaubere Innenstaedte´ ohne Beschaffungskriminalit‰t und
Prostitution wollen. Kein Grund f¸r die seit Jahrzehnten um
gesellschaftliche Anerkennung ringenden Drogenarbeiter, sich als
ªHofnarren´
der etablierten Gesellschaft zu fuehlen, sagt Amendt. Schliesslich geht
es um
Menschenleben.

ªDrogen im Zeitalter der Globalisierung´ (Untertitel) haben auch eine
internationale Dimension: Amendt erˆrtert die politisch-oekonomische
Seite
des Drogenproblems * das Volumen der ªBranche´ liegt bei acht Prozent
des
Welthandels. Er schreibt ¸ber den Zusammenhang von Drogen, Terror,
Mafia und
Waffenhandel in Asien (Afghanistan, Pakistan) und Suedamerika
(Kolumbien,
Bolivien, Peru). Er diskutiert die Rolle der EU, das Tabak-Werbeverbot
und
die widerspr¸chliche Rolle der Medien.

Auf knapp 200 Seiten fasst Amendt die Fakten und Argumente zusammen,
die
sein Plaedoyer f¸r eine ªDrogenpolitik der praktischen Vernunft´
stuetzen. Es
soll sein ªletztes Wort´ zu diesem Thema sein, denn: ªEs ist Alles
gesagt.´
Ein Grund mehr, sein schon fast als ªhandliches Kompendium´ zu
bezeichnendes
B¸chlein zu lesen. Denn man muss kein Pessimist sein, um zu befuerchten,
dass
die Fragen nach der Logik des neoliberalen Modernisierungsprozesses,
die
Guenter Amendt am Beispiel des so genannten Drogenproblems aufwirft,
morgen
noch nicht beantwortet sein werden.

Guenter Amendt: No Drugs * No Future. Drogen im Zeitalter der
Globalisierung
Europa Verlag, Hamburg/Wien 2003. 206 Seiten, geb., 17,90 EUR.

(ND 27.10.03)

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