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feb 2001
Zwischen Marokko und intensiver Clubszene
taken from Mushroom Magazine 2/2001
Text: Tom Rom
Die österreichischen Trancer blicken schon mit wehmütigem
Sehnen dem Sommer entgegen. Bald ist die Zeit vorbei, in der in den
Clubs schon um 6 Uhr morgens die Musik abgedreht wird, noch vor dem
Sonnenaufgang- wie schrecklich! Für Trance ist einfach mehr Zeit
nötig _ mindestens einen Tag braucht man, um den Fängen der
Zivilisation zu entfliehen und das Bewusstsein eines eigenen kleinen
Kollektiv-Universums aufzubauen, wie es eben nur auf den mehrtägigen
Sommer-Festivals möglich ist. Viele von uns waren über Silvester
in Marokko und haben trotz Kälte, Chaos und Sandsturm das M2001
überlebt. Die Meinungen über dieses Festival gehen auseinander
wie eine riesige Schere. Hier Chaos, Versprechen gebrochen, schlechte
Infrastruktur, zerstörtes Line-up, zu teuer, kompliziertes Geldsystem,
zu lange Gehzeiten, zu wenig Musik, Abzockerei- dort Family-Treffen,
geilste Location, Märchen aus 1001 Nacht, Super-DJs, gute Live-Acts,
Feeling hoch 10, gelungene East-West-Trance Kombinationen, ein Event
das in die Geschichte eingehen wird wie die Solipse, geilste Lasershow,
Bewunderung für Star Sound Orchestra, weil sie trotz love-unbombablem
Amokläufer ihren Super-Auftritt durchgezogen haben usw. ! Es stimmt
wohl von allem ein bißchen. Viele pilgerten nach dem M2001 in
die marokkanische Küstenstadt Essaouira nördlich von Agadir,
weil sich quer durch die Szene das Gerücht hielt, dass dort die
Afterparty stattfindet. Essaouira wurde zur Goa-City und die Stadt war
so von den Goa-People besetzt, dass ich mir wie auf einer Party in Wien
oder auf einem internationalen Event wie der Voov vorkam _ so viele
Freunde und Freundinnen konnte man dort treffen. Leider fand die offizielle
Afterparty dann angeblich in Tarifa/Spanien statt. Also ergriffen die
Österreicher in Essaouira nach 5 Tagen Paralyse die Initiative
und organisierten kurzerhand auf dem Dach eines Hotels unter einem großen
Berberzelt eine Party, zu der an die 200 der verbliebenen Goa-Trancer
kamen. Die DJs und Live-Acts (Acan, Biodegradable, Gnaouas, Leute von
Medicine Drum, Gus Til und Chris Dekker waren dort). Alle spielten umsonst
und die Party wäre wirklich ein kosmischer Orgasmus geworden, wäre
nicht der Polizeichef persönlich aufgetaucht und hätte die
Lautstärke auf ein unerträgliches Maß reduziert _ und
das trotz Meisterung aller bürokratischen Hürden und Genehmigung
und bezahltem Bakschisch quer durch die Polizeibehörden. Trotzdem
verließen die letzten Gäste erst am Morgen die Szenerie.
Noch einmal vielen Dank an alle, die mitgeholfen haben, diese schwierige
Party im Trance-Niemandsland zu organisieren, allen voran dem österreichischen
Earthdance-Mitveranstalter Acan von Suntribe, der sich als Erster bereit
erklärte, umsonst zu spielen (Pics und Berichte über M2001
und die After Party findet ihr unter Clubwatch und Pictures auf www.club.at.
An dieser Stelle sei endlich einmal Peter Czermak und tom.photo (happy
birthday!) gedankt, die ihre Pics von club.at dem mushroom gratis zur
Verfügung stellen. Im Dezember ging's in Wien überhaupt heiß
zu. Mitte Dezember fand in der x-chat-Bar in Oberwart ein 3-tägiges
Psy-Trance Event mit Gabriel le Mar statt. Zur gleichen Zeit baten Andi
n.d.x. und Ravemona zum psychedelischen Elfentanz in das Wiener Andino.
Darshan M. Lopez spielte im Subzero auf Xela L.'s "Psychic Reaction"
ein ausgezeichnetes Set. Ich konnte leider nicht bis zum Schluß
bleiben, da das Airplane nach Marokko wartete, hörte aber, dass
es fantastisch war. Psychic Reaction geht übrigens weiter, hat
Xela L. versichert. Auch der gruftige Subzero-Keller wird - entgegen
allen Gerüchten - weiterhin offen haben, wenn internationale DJs
und Live Acts in Wien sind. Am 16. Februar spielen dort die Jungs von
Haldolium. Das sollte sich wirklich niemand entgehen lassen, denn so
viel ich weiß, haben sie noch nie in Österreich gespielt.
Das Skydiving am 8.12. im Wiener WUK mit Electric Universe war DIE Mega-Party
im Dezember. Skydiving ist wenn man mit einem Fallschirm am Rücken
aus dem Flugzeug fällt und eine halbe Minute lang im freien Fall
mit 200 km/h der Erde entgegenrast. Wer das einmal erlebt hat, weiß,
dass es zwischen dem Wahnsinns-Feeling bevor der Schirm aufgeht und
dem Feeling nach einigen Stunden Trancetanzen viele Ähnlichkeiten
gibt. So was passiert allerdings nur auf wirklich guten Partys. DJ Acan
und Mark vom Chactun Cyberstore organisierten wieder einmal ein Suntribe-Event,
das das gesamte WUK zum Siedepunkt brachte. Selten so gute Vibes erlebt
und so viele gellende Jubelschreie aus den Kehlen der Goa-Schamanen
gehört. Das Goa-Fieber greift immer mehr um sich und schwappt wie
ein Tsunami über Wien hinweg. Über 900 Psy-Trance-Freaks und
Goa-Fans tanzten bis knapp 8 Uhr morgens.Wer es bis dahin schaffte und
noch fähig war, sich ins Subzero zu schleppen, konnte dort bei
DJ Cosmix, Xela L. und Horizon weitermachen. Kurz vor Mitternacht begann
Tom's Floating System, eine non-electronic Live Band, die wehmütig
das Gefühl an die großen Open Air Goa Parties im Sommer aufkommen
ließ keinen der Tanzenden fallen. Klangmüller hatte die schwere
Aufgabe, den glühenden Reaktor auf der Tanzfläche nach 8 Stunden
wieder abzukühlen. Eigentlich ist dies die schwerste Aufgabe eines
DJs. Auch auf dem zweiten Floor ging die Post ab. Acan und Mark haben
hier bewusst auch nicht-typische DJs eingeladen. Psy-Trance ist ein
offener Musikstil und hat genügend Andockstellen für andere
Stile, wie Acan meint. DJ Scott von der Aromabar und DJ Darcosan von
den Vienna Scientists garantierten für electronic crossover vom
Feinsten _ auch für diejenigen, die noch dabei sind, sich an Goa
heranzutasten. Xela L, der Mastermind der Psychic Reactions im Subzero,
spielte ebenfalls verschiedene Stile, auch wenn ihn die meisten als
Trance-DJ kennen. Er kennt die Szene seit 8 Jahren und war unter den
ersten Goa-Party-Veranstaltern hierzulande. Kurz zusammengefasst _ eine
megageile Party von den Suntribe-Leuten, für die man eigentlich
ein ärztliches Zeugnis über eine Herz-Kreislauf Untersuchung
mitbringen müsste, bevor man sich hineinwagt und die Energy zu
spüren beginnt. Nicht unerwähnt lassen möchte ich am
Schluß auch das supernett dekorierte Chai-Zelt von Andi n.d.x.
und Ravemona, die alle zwei Wochen am Sonntag ab 16 Uhr im Wiener Wirr
das sonntägliche Psy-Family-Treffen veranstalten, zu dem SO viele
Leute kommen, dass es besser wäre, sich bald eine größere
Location zu suchen. Wo kommen eigentlich all die Fluoro-Fische dort
her?
Tom Rom
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